wohin ist meine magie
früher schien mir die welt und ich selbst voller magie und zauberkraft.

als ich vielleicht 7 war, legte ich abends den arm über die augen, drückte leicht an, und bestaunte die bilder vor meinen augen: schillernde ornamente vor braunem grund, rote fremde schriftzeichen vor gelbem grund. ich versuchte die schrift nachzuzeichnen, doch sie war immer fließend.

mit 8 zogen wir aufs land. die magie sprang aus den märchenbüchern in die blumen, in die quelle im wald, in eine geheime lichtung, in einen verdorrten baum, der sich über einen großen stein neigte. ich flüsterte den dingen zu und sang ihnen lieder. sie flüsterten leise zurück.

später war die magie in den gedanken. ich dachte plötzlich etwas, das ich vorher nicht gedacht hatte. einen satz, einen namen, ein gedicht. woher kam es? der name war der name einer kleinen stadt in schottland, von der ich noch nie vorher gehört hatte. ich dachte, wenn ich eines tages dorthin komme, werde ich zuhause sein.

mit etwa 12 war die magie in gott und den engeln, im jubeln der seele beim kirchengesang. beim glauben an eine wahrheit, die schon da ist, und wartet entdeckt zu werden.

etwas später interessierte mich der buddhismus mehr. die magie war die verwandlung der welt, das klare licht in kurzen momenten dessen, was ich erleuchtung nannte. das strahlen meiner augen, das nur einer einmal bemerkte.

mit 15 sah ich auren. der rabe war rot, der kantor blau, ich gelb, die bäume dunkelblau umkränzt. der himmel voller flitzepunkte. einer, der auch an auren glaubte, wollte mit der hand fühlen, wie stark mein kopfchakra sei. ich schubste seine hand im geiste vermittels chakra nach oben, und er äußerte sich ganz erstaunt, wie stark es sei.

mit 17 und noch später hatte ich träume. ich träumte von dem liebsten eines freundes, zeichnete ein bild von ihm und zeigte es dem freund. ich dachte noch, hm, die stirn ist zu niedrig geraten, da sagte er: so sieht er aus, aber die stirn ist höher. ich träumte, ein anderer freund würde mir eine frau vorstellen und sagte, er wolle sie heiraten. ich schrieb ihm davon, und er bestätigte, dass meine beschreibung auf seine neue traumfrau passte. dazu meinte er (bewundernd), dass ich wohl eine hexe sei. das fand ich gut.

als ich von zu hause ausgezogen war, stieg ich hinab zu den dämonen in meiner seele. die magie war dunkel und stark und füllte mein herz, meinen körper. erinnerungen und gefühle zerbrachen, wenn ich sie nur anrührte. jede scherbe war en neues bild. mein engel hatte messer statt federn und ich schnitt mir eine sonne in die hand.

heute ist die magie still, auch wenn ich sie noch in mir strömen fühle. ein psychologiestudium trug dazubei, unmagische erklärungen für kindheitserlebnisse zu akzeptieren. eine liebe trug dazu bei, die dämonen zu bändigen.
heute ist die magie in dem glück, zu handeln, reden zu können. gedanken austauschen, blumen säen, anderen helfen. da ist zaubern gar nicht so schwer.


| nightly @ 05:27| Kritik? |
 

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